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Akademie der Bayerischen Presse - Der Videoreporter

Videoreporter unterwegs in München
Videoreporter unterwegs in München

Mit sinkenden Auflagen entdecken Tageszeitungen und Magazine das Internet als neues Betätigungsfeld. Wo vor einigen Jahren lieblos ausgewählte Texte aus den gedruckten Medien wiedergegeben wurden, erkennt man inzwischen, dass multimedial aufbereitete Inhalte die Zielgruppe besser ansprechen und die Online-Angebote der Verlage nicht zuletzt auch für Werbekunden attraktiver machen. Da echte Erlösmodelle im Onlinebereich noch nicht entwickelt sind, sollen an vielen Stellen Kosten gespart werden. Textredakteure werden mit günstigen Videokameras ausgestattet und beauftragt, neben dem Zeitungsbericht ein Videofeature zu erstellen. Interne Schulungen gibt es kaum, kennt sich doch selbst niemand mit den Dingen aus, die plötzlich sowohl von Volontären als auch von gestandenen Redakteuren verlangt werden. Ein einwöchiger Kurs bei der Akademie der Bayerischen Presse zeigt was professionelles, crossmediales Arbeiten bedeutet und bereitet vor auf den Einsatz als Videoreporter.

Akademie der Bayerischen Presse – Der erste Eindruck

Die Seminarräume der Akademie der Bayerischen Presse (ABP) liegen im fünften Stock eines Bürogebäudes des „Media Works München“, in dem außer dem Seminaranbieter verschiedene Agenturen und die Münchener Aus- und Fortbildungskanäle für Radio und Fernsehen sitzen. Kaum hat man den Aufzug verlassen, ist man gleich mitten drin im Ausbildungsbetrieb. Stellen- und Praktikumsausschreibungen hängen an einer Litfaßsäule, verschiedenste Zeitungen werden eifrig durchstöbert und es riecht nach frisch aufgebrühtem Kaffee. Der ist dringend nötig, denn nach teils langer Anreise durch ganz Deutschland sind 12 Teilnehmer zum Seminar „Der Videoreporter“ nach München gekommen. 10 Frauen und 2 Männer freuen sich, in einer Woche die Grundlagen des von ihnen in der Praxis mehr oder weniger erfolgreich praktizierten Videojournalismus zu erlernen. Möglich machen das Produzent und Regisseur Axel Klawuhn sowie Kameramann Andi Hübner, die die ABP als Seminarleiter für die Woche gebucht hat. Nach der Begrüßung durch Akademiedirekter Herbert Knur und Seminarleiter Thomas Nagel werden die Erwartungen abgeglichen. Während manche Teilnehmer beruflich über gar keine Videoerfahrung verfügen sind andere seit Monaten mit der Kamera im Einsatz. Volontäre von Tageszeitungen sind genauso dabei wie Redakteure von Magazinen. Mitarbeiter von Pressestellen und Agenturen sitzen neben Onlinejournalisten, die plötzlich auch für bewegte Bilder zuständig sind. Seminarleiter Axel Klawuhn ist seit vielen Jahren in der Videobranche und kennt sich nicht nur mit den Anforderungen der großen TV-Sender und Filmproduktionen aus, sondern auch mit der Onlineumsetzung und den begrenzten Ressourcen in der Fläche.

Akademie der Bayerischen Presse – Die Theorie

Das Seminar beginnt mit den Grundlagen. Verschiedene Kameras werden gezeigt und mit ihren Einstellungsmöglichkeiten erklärt. Weißabgleich? HDV vs. HDTV? Headroom? Bisher sind das für die meisten Teilnehmer nur Fremdworte. Damit sich das schnell ändert setzten die Seminarleiter von Anfang an auf eine gelungene Mischung zwischen Erklärung und praktischer Vorführung. Dabei erfahren die Teilnehmer nicht nur, dass der Videoreporter ohne Stativ oder mit der Hand bzw. Schulter abgestützte Kamera in den meisten Fällen kein brauchbareres Material dreht, sondern auch auf was man beim Bildaufbau achten muss. Neben den technischen Grundlagen des Einsatzes von Video-Reportern im Sendebetrieb erklären die Referenten, auf was man bei der Beleuchtung achten muss und laden die Teilnehmer im Seminarraum zu praktischen Übungen mit der Kamera ein. Die sind hilfreich, denn schon am dritten Seminartag sollen die Teilnehmer eigenständig mit der Erstellung eines Fernsehbeitrags beginnen. Doch vorher gibt es noch viel zu tun, denn nicht nur die technische Umsetzung unterscheidet sich grundsätzlich vom Wortjournalismus auch die Recherche verläuft ganz anders. „Videojournalisten denken in Bildern“, weiß Andi Hübner, der die Beiträge später gemeinsam mit den Teilnehmern schneiden wird und lädt ein schon bei der Planung zu überlegen, welche Bilder und O-Töne gebraucht werden. Nebenbei gibt er Tipps aus der Praxis wie den, dass interviewte Personen keinesfalls direkt in die Kamera blicken sollten oder dass man das Mikro nicht ins Bild hält.

Akademie der Bayerischen Presse – Der erste Dreh

Schnell sind Teams aus drei bis vier Personen gebildet, die gemeinsam einen Beitrag planen, umsetzen, schneiden und vertonen. Quasi aus dem Nichts entstehen kreative Themen wie die Isar-Renaturierung, Kaffeehauskultur, Straßenmusiker oder ein Beitrag über den Hamburger Fischmarkt in München. Gemeinsam wird überlegt, wie der Beitrag möglichst spannend gestaltet werden kann und welche Gesprächspartner für die Zuschauer interessant sind. So entsteht nach und nach das Storyboard. Dabei erinnern sich die Teilnehmer an die Theorie vom Vortag. Totale, Halbnahe, Nahe, CloseUp, SuperClose könnten gedreht werden. Doch damit es im Beitrag später gut aussieht, muss man schon jetzt planen, was man in welcher Einstellung aufnehmen möchte. Plant man mehrere Personen hintereinander zu zeigen, sollten diese in unterschiedliche Richtungen schauen oder – wie der Fachmann sagt – in verschiedene Achsen gestellt werden. Das klingt in der Theorie leicht, ist in der Praxis aber gar nicht einfach, denn man muss nicht nur auf Gegenlicht achten, sondern auch auf Passanten, die durchs Bild laufen.

Einen ganzen Tag über sind die Teams in München unterwegs, sammeln O-Töne und suchen die besten Standorte für ihre Kameras. Interviews werden aufgenommen, neu aufgenommen und teils zum dritten Mal aufgenommen bis wirklich alles wie gewünscht aussieht und klingt. Abwechselnd schlüpfen die Teammitglieder in die Rollen Kamera, Regie und Ton und sammeln so wertvolle Erfahrung in allen Bereichen. Das ist wichtig, denn die meisten Video-Reporter werden später alleine unterwegs sein und sich nicht auf ein mehrköpfiges Team verlassen können. Beim Seminar ist das anders. Axel Klawuhn und Andi Hübner stehen nicht nur per Telefon bei Fragen zur Verfügung sondern besuchen die Teams auch bei ihrem Dreh und geben Tipps wie die Aufnahmen noch besser werden. Schnell fallen bei der Übung Fehler auf, die die Teilnehmer übersehen haben. Doch den geschulten Augen und Ohren der Profis entgeht nichts. Interviews zum Beispiel haben es in sich: Frage und Antwort dürfen sich nicht überlappen, denn bei den meisten Beiträgen wird die Frage später durch den Sprechertext ersetzt und nur die Antwort gesendet. Wer das vergisst wird es beim Schnitt sehr schwer haben, einen interessanten und kurzweiligen Beitrag zu produzieren. Also wird weiter gedreht, interviewt und überlegt bis die Sonne über München untergeht.

Akademie der Bayerischen Presse – Schnitt und Vertonung

Am nächsten Tag beginnt die Sichtung des Materials. Gemeinsam wählen die Seminarteilnehmer besonders gelungene Bilder aus, entscheiden welche Teile der O-Töne am wichtigsten sind und stellen so den eigentlichen Beitrag zusammen. Dabei geht es nicht nur um die technische Qualität der Aufnahmen und die Bildsprache sondern auch um die Aussage des Beitrags. Denn spätestens bei der Auswahl der Bilder muss auch überlegt werden wie der Beitrag vertont werden soll. Benötigen die Zuschauer vor einem T-Ton viele Informationen, braucht man auch entsprechend viel Bildmaterial. „Ein gutes Archiv ist das A&O“, grinst Axel Klawuhn, doch darüber verfügen die Teilnehmer im Seminar natürlich nicht. Dafür haben sie in PhotoShop mit einer Vorlage der Fernsehprofis blitzschnell Bauchbinden erstellt, die die Namen und Funktionen der Interviewpartner tragen. Der Schnitt bietet Überraschungen, denn manche Bilder, die man sich besonders schön vorgestellt hat, sind in der Praxis nicht verwendbar. Andere kommen als Schnittbilder nur für wenige Sekunden zum Einsatz oder dienen sogar nur als Quelle für den Ton. Doch mit Hilfe von Andy Hübner entstehen aus einem Tag Dreh und einer Stunde Material in einer weiteren Stunde die 90 Sekunden, die den späteren Beitrag ausmachen. Anschließend nutzen die Teilnehmer die Gelegenheit im improvisierten Studie selbst den Sprechertext aufzunehmen mit dem die Beiträge anschließend unterlegt werden. So gelingt es am letzten Seminartag vier komplett fertige Beiträge zu präsentieren, die zwar nicht Tagesschau-tauglich aber weit besser als die meisten Online-Videos. Das ist ein gutes Ergebnis, denn gerade durch die praktische Arbeit und die eigenen Fehler können die Seminarteilnehmer für die Arbeit in den eigenen Redaktionen lernen. Die während des Seminars erstellten Beiträge werden nicht nur vor Ort ausgewertet, sondern über die ABP auch online gestellt. Zudem erhält jeder Teilnehmer neben dem Teilnahmezertifikat einige Wochen später eine DVD mit dem vom ihm gedrehten und vertonten Beitrag.

Akademie der Bayerischen Presse – Die Auswertung

Seit 20 Jahren gehört die ABP nicht ohne Grund zu den überregional anerkannten Seminaranbietern. Dass durch eine externe Schulung auch bei komplizierten Themen deutliche Fortschritte gemacht werden können beweist das Seminar „Der Video-Reporter“ eindrucksvoll. Seit ihrer Gründung konnte die ABP mehr als 24.000 Journalisten dabei helfen, ihr Handwerk in den Bereichen Print, Foto, Rhetorik, PR, DTP, Management sowie TV- und Hörfunk weiter zu professionalisieren. Die gute Lage in der Nähe einer U-Bahnstation sowie die Ausstattung mit modernster Technik, Recherchetelefonen, einer Bibliothek und vernetztem Computerraum sind da nur Randnotizen auf der Liste der Argumente für die Teilnahme an Workshops des gemeinnützigen Seminaranbieters. Akademieleiter Knur verabschiedet seine Teilnehmer mit den Worten: „Sie gehen mit einem Zugewinn nach Hause, wenn Sie Zuversicht und Mut gefasst haben sich eine Kamera zu nehmen und damit schöne Bilder machen. Diese Woche war das Trainingslager für Sie, jetzt kommt die Praxis.“

Akademie der Bayerischen Presse – Pressekontakt

Akademie der Bayerischen Presse e.V.
Akademieleitung
Herbert Knur
Tel.: 089/499992-0
E-Mail: abp@a-b-p.de
www.a-b-p.de

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