Fahrgastrechte bei Bahn.Bonus Freifahrten
Die Verordnung 2021/782 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.April 2021 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr regelt unter anderem was in diesem Fall zu tun ist und ob die Bahnunternehmen den Fahrgästen zum Beispiel das Ticket erstatten und/oder die Kosten für ein alternatives Verkehrsmittel übernehmen müssen. Eine Neuregelung in 2023 hat die Fahrgastrechte eingeschränkt, da es nun nicht mehr nur auf die zu erwartende Verspätung bei Ankunft ankommt, sondern auch auf den Grund selbiger. Daher macht es Sinn, sich gleich wenn die Verspätung auftritt zum Beispiel in der Bahn-App über die dort angegebenen Hintergründe zu informieren.
Sonderfall Bahn.Bonus
Während die meisten Fahrkarten vom Reisenden selbst gekauft und auch bezahlt werden, gibt es einen Sonderfall für Kunden im Bahn.Bonus-Programm der Deutschen Bahn. Diese können gesammelte Punkte nicht nur in Fahrkarten für sich selbst eintauschen, sondern auch in eine Freifahrt Flex, die eine beliebige andere Person einlösen kann. Da diese nicht personengebunden ist, kostet sie gleich doppelt soviele Punkte wie die Freifahrt für den Punktesammler selbst. Kommt es nun bei der Fahrt des Dritten zu einer Verspätung wird es spannend. Da nur die Dritte Person Kenntnis von der Reise, der Verspätung und auch davon, ob die Fahrt abgebrochen, die Ankunft verspätet war und welche Kosten entstanden sind, kann eigentlich nur diese einen Antrag beim Servicecenter Fahrgastrechte stellen. Auch im Online-Account des ursprünglichen Bestellers der Prämie bleibt die Reise unsichtbar.
Der erste Brief vom Servicecenter Fahrgastrechte
Einige Zeit nach der Einreichung der Unterlagen reagiert das Servicecenter Fahrgastrechte mit einem Brief. Alles wurde korrekt eingereicht: "BahnBonus Gutschrift Fahrtabbruch: [...] Den Wert der nicht genutzten Fahrt werden wir Ihnen daher erstatten. [...] Die entsprechenden Bahn.Bonus Punkte werden Ihnen gutgeschrieben. Wir haben veranlasst, dass diese Gutschrift direkt durchgeführt wird..." Doch wo sind die Punkte? In unserem Beispielfall wurden diese nicht gutgeschrieben. Es gab dazu auch keine weitere Kommunikation. Und selbst eine Rückfrage per E-Mail an die Bahn blieb über Monate unbeantwortet. Eigentlich, so eine Sprecherin der Bahn, sollte vom Bahn.Bonus-Service im Anschluss ein zweites Schreiben verschickt werden – doch das klappt offensichtlich nicht immer. „Wir arbeiten aktuell an einer besseren Vernetzung zwischen dem Servicecenter Fahrgastrechte und der BahnBonus-Datenbank“, bekennt die Bahn.
Wie die Bahn es sich denkt
„Wie bereits ausgeführt, werden gemäß der Beförderungsbedingungen die aus fahrgastrechtlichen Ansprüchen resultierenden Prämienpunktegutschriften dem Bahn.Bonus-Teilnehmenden gutschrieben, der die Prämie bestellt hat. Insofern sollte die Beantragung auch durch den Bahn.Bonus-Teilnehmenden erfolgen“, so eine Sprecherin der Deutsche Bahn. Über dieses wichtige Detail informierte die Bahn weder bei der Bestellung noch bei der Einlösung der Freifahrt Flex, sodass dies den wenigsten Fahrgästen bewusst sein dürfte. Denn wer kennt schon Artikel K.3 3.1 sowie K.4 4.2.5 der Beförderungsbedingungen. Und natürlich ignoriert diese Regelung auch, dass das Wissen und der Schaden aus der Verspätung nicht beim Besteller der Prämie anfällt, sondern bei der Person, die die Reise antreten wollte und nicht oder später zu ihrem Ziel gekommen ist. Dazu gibt die Bahn den Tipp: „Selbstverständlich liegt es im Ermessen des BahnBonus-Teilnehmenden und des Dritten, eine individuelle Lösung zur Nutzung dieser Punkte zu finden.“ Da die Punkte zwischen verschiedenen Punktekonten nicht übertragbar sind – und zum Beispiel bei einer Verspätung nicht die kompletten Punkte, sondern nur ein Teil erstattet wird, für den keine neue Freifahrt Flex gekauft werden kann, bleibt unklar, wie das geschehen soll. Zwischen verschiedenen Personen sind die gesammelten Bahn.Bonus-Punkte nämlich nicht übertragbar.
Checkliste
Wer eine Freifahrt Flex verschenkt sollte den Beschenkten regelmäßig fragen, ob die Fahrt bereits durchgeführt wurde und ob es eine Verspätung gab. Denn nur dann kann der Besteller sich die Unterlagen schicken und den Sachverhalt schildern lassen und die Unterlagen beim Servicecenter Fahrgastrechte einreichen. Evtl. entstandene Kosten für alternative Verkehrsmittel oder eine Hotelübernachtung im gesetzlichen Rahmen könnte man dann – so sie erstattet werden – an die Dritte Person weiterleiten. Diese sollte man im Vorfeld zu allen Details befragen – denn man macht beim Servicecenter Fahrgastrechte einen Anspruch geltend, von dem man selbst nur vom Hörensagen weiß. Wurde der Antrag bereits durch den Dritten gestellt – und von der Bahn kein weiteres Schreiben verschickt, bleibt nur die erneute Kontaktaufnahme mit der Bahn zur Klärung des Verbleibs der Punkte. Überlegen kann man auch, ob man einen Anwalt einschaltet – denn zumindest in unserem Beispielfall stehen bis heute die Antwort der Bahn, das „zweite Schreiben“ und auch jede Erklärung zum Verbleib der Punkte aus. So kostet die aus meiner Sicht absurde Regelung in den Beförderungsbedingungen die Fahrgäste noch mehr Zeit – als wenn die eigentliche Verspätung nicht gereicht hätte…